Arbeitszeugnis prüfen und lesen >>> 10 Profitipps

Von Püttjer - Schnierda

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Schluss mit dem Unsinn!

Wir haben in unserer Beratungspraxis eigentlich jeden Tag die häufigsten Fehler in Arbeitszeugnissen direkt vor Augen.

Um es auch hier ganz klar zu sagen, der Unsinn mit dem Geheimcode im Sinne von "er war stets bemüht (und konnte nichts)" oder "sie war gesellig (Alkoholikerin)" ist eine reine Erfindung, die von Journalisten und werbefinanzierten "Karrierebloggern" seit Jahrzehnten mit unwissender Freude wiederholt wird.

Die Formulierungen sind tatsächlich auf eine gewisse Art unterhaltsam und lustig, existieren aber überhaupt nicht in Arbeitszeugnissen.

 

Hier erfahren Sie von echten Beratern mit über 25 Jahren Erfahrung, welche Fehler wirklich in Arbeitszeugnissen enthalten sind - und was Sie dagegen tun können!

 




Arbeitszeugnisse endlich verstehen

Detailarbeit

Es gibt viele Feinheiten der Zeugnissprache. Beispielsweise

  • spezielle Abstufungen, um die Gesamtnote ("zusammenfassende Leistungsbeurteilung") auszudrücken ("stets zu unserer vollsten Zufriedenheit"),

  • ebenso fein abgestufte Bewertungen für Einzelbewertungen (Motivation, Belastbarkeit, Arbeitsweise, Sozialverhalten und viele weitere) und

  • wichtige Kernaussagen, die ganz konkret die Leistungsbereitschaft der oder des Beurteilten unterstreichen (Tätigkeiten im Aufgabenblock, besondere Leistungen, Projekterfolge).

 

Schnelle Hilfe

Dennoch müssen Sie nicht in die gesamte Tiefe der Formulierungen für Zeugnisse eintauchen, um Ihr Arbeitszeugnis richtig zu lesen.

Arbeiten Sie einfach Schritt für Schritt die wichtigsten Prüfpunkte ab.

 

Effektiv

Unsere 10 Profitipps helfen Ihnen dabei, Ihr Zeugnis schnell zu verstehen und zu bewerten. Machen Sie es wie die Zeugnisprofis, analysieren Sie Ihr Arbeitszeugnis mithilfe dieser 10-Punkte-Checkliste.

 




1. Kündigungsgrund: Ist der Beendigungsgrund überzeugend?

Zentraler Punkt

Zeugnisprofis in Personalabteilungen, aber auch Headhunter oder zu diesem Thema geschulte Fachvorgesetzte lesen Arbeitszeugnisse gerne von hinten nach vorne.

Warum?

Weil der Beendigungsgrund für das Arbeitsverhältnis ein zentraler Punkt der Analyse ist!

 

Wer hat beendet?

  • Haben Sie gekündigt?

  • Oder wurde Ihnen gekündigt?

  • Ist die Kündigung betriebsbedingt erfolgt?

  • Oder sogar fristlos?

  • Wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen?

  • Oder war das Arbeitszeugnis von Anfang an befristet angelegt?

Hier gibt das Arbeitszeugnis Auskunft mit Formulierungen zum Kündigungsgrund im letzten Absatz.

 

Arbeitnehmer kündigt

Die Formulierung "Herr Schmidt verlässt uns auf eigenen Wunsch" entspricht in seiner Bedeutung einer Kündigung durch den Arbeitnehmer selbst. Grundsätzlich wird eine eigene Kündigung günstiger gedeutet, schließlich hat hier der Arbeitnehmer von sich aus gehandelt.

 

Aufhebungsvertrag

Der Satz "Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.12.2019 einvernehmlich beendet" drückt eine Kündigung im gegenseitigen Einvernehmen aus, beispielsweise durch einen Aufhebungsvertrag.

 

Fristlose Kündigung

Und ein knappes "Das Arbeitsverhältnis endet am 06.12.2019" umschreibt durch das "krumme" Datum üblicherweise eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber. Diese Formulierung ist in Arbeitszeugnissen als sehr kritisch anzusehen, weil sie künftige Bewerbungschancen deutlich mindern kann.

 




2. Schlussformel: Dank, Bedauern, Wünsche enthalten?

Enthält Ihr Zeugnis nach dem Kündigungsgrund eine Schlussformel?

 

Dank und Bedauern

Damit ist gemeint, dass erstens das Bedauern über Ihren Weggang, zweitens ein ausdrücklicher Dank für Ihre bisherigen Leistungen und drittens gute Wünsche und Erfolg für Ihre weitere berufliche Zukunft ausgesprochen werden.

 

Leider keinen Anspruch

Auch wenn Arbeitnehmer nach höchstrichterlicher Rechtsprechung leider keinen rechtlichen Anspruch auf "Dank und Bedauern" haben, enthalten überzeugende Endzeugnisse dennoch eine Formulierung der folgenden Art.

"Wir bedauern sein Ausscheiden sehr, bedanken uns für die langjährige stets produktive Zusammenarbeit und wünschen Herrn Müller für seine berufliche und private Zukunft alles Gute und weiterhin Erfolg."

 




3. Gesamtnote: Welcher Notenstufe entspricht sie?

Gerne wird von manchen "bloggenden Experten" in Sachen Arbeitszeugnis behauptet, dass die Gesamtnote "stets zur vollsten Zufriedenheit" falsch sei.

 

Irrtum

Diese sieht die höchste rechtliche Instanz für Arbeitszeugnisse allerdings schon seit vielen Jahren anders.

Das Bundesarbeitsgericht hat nämlich ausdrücklich bestätigt, dass die genannte Formulierung zwar sprachlich nicht schön, aber in "sehr guten" Arbeitszeugnissen eben doch üblich, und daher auch richtig sei.

 

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Alternativen

Auch Ihre Zeugnisnote sollte daher zumindest "stets zur vollen Zufriedenheit (Note 2)" oder "stets zur vollsten Zufriedenheit (Note 1)" lauten. Es gibt selbstverständlich auch alternative Formulierungen zur "vollsten Zufriedenheit", die die gleiche Top-Bewertung ausdrücken.

 




4. Doppelt: Wird die Note im Schlussabsatz wiederholt?

Doppelt hält besser: Wird die Gesamtnote, möglichst "gut" oder "sehr gut", im Schlussabsatz wiederholt? Dann sollten die "stets guten Leistungen (Note 2)" oder die "stets absolut überzeugenden Leistungen (Note 1)" am Ende des Zeugnisses noch einmal wiederholt werden.

Ungünstig wäre hier "wir danken ihm für seine Mitarbeit". Denn ohne "stets" und "gute" entspricht der Dank leider nur einem "ausreichend", also der Note 4. Dieser Widerspruch wird zu Lasten des bewerteten Arbeitnehmers interpretiert werden.

 




5. Berufliche Erfolge: Werden sie erwähnt?

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In modernen Arbeitszeugnissen werden nicht bloß Tätigkeiten und Verantwortungsbereiche aufgezählt.

Es werden auch besondere Leistungen und ausgewählte Erfolge erwähnt. Diese zusätzlichen Informationen geben indirekt Auskunft über persönliche Eigenschaften es beurteilten Arbeitnehmers. Beispielsweise über Eigeninitiative, Innovationskraft, Kreativität oder Zielorientierung.

 

Ergebnisse, Erfolge, Erreichtes

Die besonderen Leistungen von Führungskräften, Fachkräften, Minijobbern oder Praktikanten unterscheiden sich selbstverständlich. Berufserfahrene Bewerber können Erfolge dieser Art vorweisen.

 

Überzeugende Leistungen

 

  • Coaching von Mitarbeitern,

  • Neuorganisation von Abteilungen oder Teams,

  • Einarbeitung neuer Kollegen oder von Aushilfen,

  • IT-Schulung von Kollegen,

  • Optimierungen in den Arbeitsabläufen,

  • Kosteneinsparungen oder

  • Erfolge aus speziellen Projekten.

     

    Besonders zu erwähnen ist

    Sprachlich eingeleitet werden besondere berufliche Erfolge mit Formulierungen wie "Besonders zu erwähnen ist, dass...", "Hervorzuheben ist..." oder "Besonders erwähnen möchten wir an dieser Stelle, dass ...".

     

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    Hilfreiche Beispiele

    Damit auch Ihre Arbeitszeugnisse mehr positive Wirkung für künftige Bewerbungen entfalten, haben wir in unserem Downloadbereich zahlreiche vollständige Musterzeugnisse ( 2 x "sehr gut" und 2 x "gut")  ausgearbeitet. Die Vorlagen enhalten jeweils über 100 Beispiele für Aufgaben und 100 Beispiele für Erfolge.

    Wählen Sie aus Hunderten von Mustern und Vorlagen aus.

     

    Spezielle Vorlagen

     

    Nutzen Sie unsere bewährten digitalen Bewerbungshelfer, um schneller zum "sehr guten" oder "guten" Arbeitszeugnis zu kommen.

    inspirierend: 4 x Führungskräfte - 100 Aufgaben, 100 Erfolge

    hilfreich: 4 x Fachkräfte - 100 Aufgaben, 100 Erfolge

     

    nützlich: 4 x Arbeitszeugnis gewerbliche Mitarbeiter Technik

    aktiv: 4 x Arbeitszeugnis kaufmännische Mitarbeiter

     

    ergänzend: 1.300 Zeugnisformulierungen (in Notenstufen für: Arbeitsmotivation, Belastungsfähigkeit, Kündigungsgrund, und viele weitere)

       




      6. Aufgaben und Tätigkeiten: Ausführlich genug beschrieben?

      Überprüfen Sie ebenfalls, ob Ihr Tätigkeitsblock im Arbeitszeugnis verdeutlicht, wie vielfältig Ihr Aufgabengebiet, Ihre Tätigkeiten und gegebenenfalls auch Ihre Verantwortungsbereiche waren. Grundsätzlich werden Arbeitsfelder immer anspruchsvoller und damit werden auch Arbeitszeugnisse immer länger.

       

      Länge

      Wir sehen in unserer Beratungspraxis häufig 20 Jahre alte Zeugnisse, die eine knappe Seite umfassen.

      Und aktuelle Zeugnisse von berufserfahrenen Bewerbern, die fast immer zwei bis drei DIN-A4-Seiten umfassen.

       

      Zu knapp

      Oberflächliche Aufzählungen im Stil von "Das Aufgabengebiet von Frau Müller umfasste die Investitionsplanung" sind definitiv nicht aussagekräftig genug.

      Besser wäre eine ausführliche Darstellung, beipielsweise so "Das verantwortungsvolle Aufgabengebiet von Frau Müller umfasste die Investitionsplanung einschließlich der Einwerbung von Fremdkapital und Fördergeldern".

       




      7. Arbeitsweise: Wie strukturiert gehen sie vor?

      Der Herangehensweise an Arbeitsaufgaben kommt eine immer bedeutendere Rolle zu. Dies liegt daran, dass sich Aufgabenfelder in immer kürzeren Abständen verändern und damit ständig neue Herausforderungen an die Mitarbeiter gestellt werden.

       

      Arbeiten mit Plan

      In Arbeitszeugnissen überzeugen die Beschreibungen zur Arbeitsweise der Beurteilten dann, wenn dabei Begriffe wie "planvoll", "strukturiert", "methodisch" oder "systematisch" eingesetzt werden.

      Auch hier natürlich in Kombination mit Zeitwörter wie "stets", "immer" oder "jederzeit", beispielsweise "Frau Schmidt arbeitete stets strukturiert, ergebnisorientiert und zügig (Note 2)".

       




      8. Geheimcode: Ist er im Zeugnis enthalten?

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      Zwischen den Zeilen

      Mit Geheimcodes meinen wir spezielle Darstellungstechniken, die es wirklich gibt (siehe obige Einleitung). Hierzu zählen "Nicht"-Formulierungen, Relativierungen oder Widersprüche.

       

      Nicht-Formulierungen

      Heißt es im Zeugnis "Die Motivation von Herrn Müller ist nicht zu kritisieren", handelt es sich um eine typische "Nicht"-Formulierung.

      Gemeint ist in Wirklichkeit, dass die Motivation von Herrn Müller zu kritisieren ist. Ähnlich ist die Beschreibung "untadelige Persönlichkeit" zu werten, auch hier wird zwischen den Zeilen ausgedrückt, dass die Persönlichkeit des Arbeitnehmerns zu tadeln ist.

       

      Relativierungen

      Zu den Relativierungen in Arbeitszeugnissen gehören Einschränkungen wie "im Großen und Ganzen" oder "im Wesentlichen". Die Aussage "Sie war im Wesentlichen motiviert." meint also tatsächlich "Sie war manchmal motiviert, was aber selten vorkam.", was einem "mangelhaft", also der Note "5" entspricht.

       

      Widersprüche

      Wird im Aufgabenblock auf wichtige Projekte hingewiesen, im Bewertungsblock aber nichts weiter zum Gelingen der Projekte ausgeführt, handelt es sich um einen Widerspruch im Zeugnis.

      Zeugnisprofis reden hier vom beredeten Schweigen. Damit ist gemeint, dass das Nichterwähnen von wesentlichen Arbeitsinhalten für sich selbst spricht - und zwar negativ.

       

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      9. Führungsverhalten: Wie gut führen Sie?

      Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Führungsverantwortung hatten, sollten die Ausführungen zum Führungsstil und zu den damit erreichten Führungserfolgen besonders aufmerksam prüfen.

       

      Leadership-Skills

      Gerade wenn erfolgreich Umstrukturierungen bewältigt, neue Abteilungen aufgebaut oder neue Geschäftsfelder erschlossen wurden, sollten diese besonderen Führungsleistungen im Arbeitszeugnis unbedingt auch nachgezeichnet werden.

       

      Praxistipp

      Weiter sollten Gesamtnote und Führungsnote der gleichen Notenstufe entsprechen. In unserer Beratungspraxis sehen wir regelmäßig "sehr gute" Gesamtnoten in einer Kombination mit "lediglich guten" Bewertungen für die Führungsleistungen.

       

      Dieser Widerspruch (siehe eben "Geheimcode") geht dann leider zu Lasten der beurteilten Führungskraft - und kann durchaus negativ interpretiert werden: "Als Spezialist ist er/sie sehr gut, als Führungskraft aber eine ganze Note schwächer."

       




      10. Einleitung: Ist sie aktiv formuliert?

      Passive Einleitungen in Arbeitszeugnissen sind ungünstig, weil Leser dann von Anfang an kritisch oder sogar negativ eingestimmt werden.

      Zeugniskenner sprechen hier von der "Tonalität" der schriftlichen Beurteilung. Lassen schon die ersten Sätze vermuten, dass zwischen den Zeilen Kritik am Arbeitnehmer geäußert werden soll, wird nach weiteren Auffälligkeiten gesucht werden.

       

      Ungünstig: beschäftigt

      Zu vermeiden sind daher Formulierungen wie "Herr Schmidt war bei uns vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2020 beschäftigt." Oder "Frau Müller war bei uns vom 01.04.2016 bis zum 31.12.2018 angestellt."

      Besser sind aktive Einleitungen, also "Herr Schmidt war bei uns vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2020 in der Abteilung Rechnungswesen als Teamleiter tätig."

       

      Besseres Zeugnis

      In unseren Hunderten von verschiedenen Arbeits- und Zwischenzeugnis-Downloads sehen Sie, wie sich die hier vorgestellten Vorgaben vollständig und aussagekräftig umsetzen lassen.

      Wählen Sie einfach die Vorlage aus, die am besten zu Ihrem Berufsfeld passt.

      Und überprüfen Sie dann anhand der Vorlage, welche Änderungen Sie beim Arbeitgeber einfordern wollen.

      Ihr Einsatz lohnt sich, schließlich begleitet Sie Ihr Arbeitszeugnis ein Arbeitsleben lang.

       

       

      Christian Püttjer & Uwe Schnierda twitter: karrierecoaches 

      foto: © Peter Atkins / fotolia.com