Vorstellungsgespräch: Passende Führungskräfte brauchen Branchen- und Fachkompetenz

Von Püttjer - Schnierda

Auch wenn es häufig heißt, dass Führungskräfte keine Spezialisten, sondern Generalisten seien, die von allem ein wenig und von wenig alles wissen, ist eine solide Basis an Fach- und Branchenkompetenz für den Berufsalltag einer Führungskraft unverzichtbar.

Wer beispielsweise eine Abteilung im Controlling leiten möchte, muss Belege dafür liefern, dass er oder sie bereits das Tagesgeschäft im Controlling kennt, also Monats-, Quartals- und Jahresabschlüsse durchführen, Reportings erstellen und Liquidität steuern kann. Und auch über die Branche, sollten Bewerber Bescheid wissen.

Weiter wird in diesem Fragenblock überprüft, ob sich künftige Führungskräfte schnell neues Fach- und Branchenwissen aneignen können, indem aktuelle Kennzahlen zum Unternehmen (Umsatz, wichtige Produkte oder Dienstleistungen, Mitarbeiterzahl, Standorte) gleich mit abgefragt werden.

 




Fehler: Lücken in den Branchen- und Fachkenntnissen

Fehler 1: Führungskräfte, die nicht verdeutlichen können, dass sie über umfangreiche Fach- und Branchenkenntnisse verfügen, wirken abgehoben. Wer im Vorstellungsgespräch nur wenige Aufgaben aus dem Tagesgeschäft konkret benennen kann, setzt sich dem Verdacht aus, mit den künftigen Aufgaben vielleicht überfordert zu sein.

Fehler 2: Problematisch ist weiter, wenn wichtige Kennzahlen zum Unternehmen, die üblicherweise auf der Firmenhomepage zu finden sind, den Bewerbern nicht bekannt sind. Dann nimmt die Firmenseite ihnen die Ernsthaftigkeit ihrer Bewerbung nicht ab.

Fehler 3: Wenn es um Fragen zur Branche geht, darf es nicht passieren, dass wichtige Mitbewerber nicht benannt werden können. Ungünstig ist ebenso, wenn aktuelle Trends und die Richtung, in die sich die Branche gerade entwickelt, nicht bekannt sind.

Negativbeispiel: Ein Klassiker in diesem Fragenblock lautet: „Über welche fachlichen Kenntnisse müsste Ihr Stellvertreter bei uns verfügen?“ Wenig überzeugend wäre diese Antwort eines Bewerbers um eine Leitungsposition im Vertrieb & Marketing:

„Er müsste das können, was ich kann, also die Mitarbeiter anleiten, über Kundenorientierung verfügen und Maßnahmen entwickeln, um neue Kunden zu gewinnen.“

 

Kommentar zum Negativbeispiel: Diese Antwort wirkt sehr oberflächlich, sie ist zu kurz und hat keine Tiefe. Es wird auch nicht deutlich, dass und wie der Bewerber in der Vergangenheit mit den genannten Aufgaben in Berührung gekommen ist.

Natürlich ist hier zu berücksichtigen, dass es formal in der Frage um die Kenntnisse eines möglichen Stellvertreters geht. Aber eine Führungskraft sollte mit ihrer Antwort signalisieren, dass ihr dieser Perspektivenwechsel keine Schwierigkeiten bereitet. Insofern ist der Ansatz mit der Formulierung „Er müsste das können, was ich kann ...“ richtig gewählt, danach fehlt der Antwort aber die Substanz.

 




Strategie: Branchenkenntnisse im Bewerbungsgespräch aufblitzen lassen!

Strategie: Bei Fragen zu den Fach- und Branchenkenntnissen kommt es darauf an, mit einer hohen Informationsdichte zu argumentieren. Dies gelingt Ihnen, indem Sie Schlüsselbegriffe aus dem Tagesgeschäft nennen.

Diese Schlüsselbegriffe sollten allerdings einen Bezug zu den Aufgaben innerhalb der neuen Stelle haben. Arbeiten Sie daher Schnittstellen zwischen der Vergangenheit und der Zukunft heraus, damit Ihr berufliches Profil deutlich wird.

Weiter sollten Sie im Vorfeld des Job-Interviews einige Fakten zum Unternehmen recherchieren und auswendig lernen, dazu gehören die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen, Beschäftigtenzahl und Standorte (Deutschland, Europa, weltweit), gegebenenfalls der Aktienkurs, die geschäftliche Entwicklung, die Unternehmensgeschichte, die Zukunftsaussichten und Branchentrends.

Positivbeispiel: Die Frage nach den fachlichen Kenntnissen des Stellvertreters wäre mit diesen Formulierungen souverän beantwortet:

„Mein Stellvertreter müsste in der Lage sein, mich zu vertreten, damit die Arbeit in der Abteilung auch eine Zeit lang ohne mich weiterlaufen kann. Daher müsste er meine Vertriebs- und Marketingmannschaft so anleiten, dass die von Ihnen geforderten wachstumsorientierten Marktbearbeitungskonzepte erstellt und umgesetzt werden können.
Damit die angestrebten Wirkungen auch erzielt werden, müsste er weiter für die dazugehörige Erfolgskontrolle sorgen.
Bezogen auf den Aspekt der Kundenorientierung, die in Ihrem Unternehmen ja ein Schlüsselfaktor für das weitere qualitative Wachstum ist, müsste mein Stellvertreter neue Schlüsselkunden gewinnen und Belege dafür liefern können, dass er auch in der Vergangenheit Bestandskunden bereits proaktiv betreut hat.
Wichtig wären mir auch noch Erfahrungen in der kontinuierlichen Optimierung der Prozesse und Strukturen, insbesondere bei der Abstimmung zwischen Einkauf und Vertrieb.“

 

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Kommentar zum Positivbeispiel: Die Antwort macht deutlich, dass der Bewerber sich gründlich mit den speziellen Anforderungen des Unternehmens an eine neue Führungskraft aus­einan­der­gesetzt hat. Der Leitungsaspekt innerhalb der neuen Stelle wird kurz gestreift, dann werden wesentliche Aufgaben aus dem Arbeitsalltag strukturiert aufgezählt.

Für die gewünschte positive Wirkung wird weiter sorgen, dass der Bewerber auf die in der Stellenausschreibung explizit genannte Wachstumsorientierung des neuen Arbeitgebers eingeht. Er macht deutlich, was in seiner Position – hier durch seinen Stellvertreter – geleistet werden kann, damit das gewünschte qualitative Wachstum auch eintritt.

Abschließend geht der Kandidat kurz auf den Wunsch nach einer besseren Abstimmung zwischen den Abteilungen Einkauf und Vertrieb ein, damit dokumentiert er ein weiteres Mal glaubwürdig, dass er weiß, was ihn in der neuen Stelle erwartet und wie er diese hohen Erwartungen erfüllen wird.

 

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Christian Püttjer & Uwe Schnierda twitter: karrierecoaches 

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