❓ Was ist Wahrheitspflicht im Zeugnis? Grundsätzlich soll ein Arbeitszeugnis wahrheitsgemäß die Leistungen, die Aufgaben und das Verhalten von Arbeitnehmern bewerten. Das Arbeitszeugnis soll künftige Arbeitgeber wahr und klar über Erfahrungen und Verhalten des beurteilten Arbeitnehmers informieren. Allerdings gilt als Grenze der Wahrheitspflicht die Wohlwollenspflicht. Denn gleichzeitig darf das weitere berufliche Fortkommen von Arbeitnehmern durch das Arbeitszeugnis nicht beeinträchtigt werden.
Bedeutung: In der Zeugnispraxis gilt die Wahrheitspflicht nur eingeschränkt. Nicht alles, was wahr ist, darf oder muss auch im Arbeitszeugnis genannt werden. Beispiel: Einmalige wahre Vorfälle wie "Unpünktlichkeit", "Streit mit Kollegen oder Chef" oder "privates Surfen am Smartphone" dürfen in der Regel nicht im Arbeitszeugnis genannt werden.


❓ Wie ehrlich muss Arbeitszeugnis sein? Einmaliges Fehlverhalten darf üblicherweise nicht im Arbeitszeugnis genannt werden. Beispiel: Hat ein Arbeitnehmer vor vier Jahren während der Arbeitszeit länger privat telefoniert, darf dies nicht im Zeugnis erwähnt werden.
Regel Wahrheitspflicht: Üblicherweise werden "einmalige Vorfälle" und "länger als drei Jahre zurückliegende Pflichtverletzungen" nicht genannt. Es gibt viele Einschränkungen, Ausnahmen und Vorbehalte, an die Arbeitgeber bei der Zeugnisausstellung gebunden sind.
Krankheitsbedingte Fehlzeiten des Arbeitsnehmers dürfen im Zeugnis grundsätzlich keine Erwähnung finden.

Hier 11 Beispiele für die Wahrheitspflicht im Arbeitszeugnis. Was darf genannt werden und was eher nicht?
| 1. Krankheit im Zeugnis | Grundsätzlich nein. Evtl. Ausnahme krankhafter Alkoholismus, mehr dazu hier: Krankheitszeiten im Zeugnis |
| 2. Straftaten im Zeugnis | Ja. Aber nur wenn nachgewiesen, also verurteilt. |
| 3. Verdächtigungen im Zeugnis | Nein. Verdachtsmomente auch bei laufendem Verfahren nicht erlaubt im Zeugnis. |
| 4. Ehrlichkeit im Zeugnis | Ja. Beim Umgang mit Geld, beispielsweise Kassierer Bank, Supermarkt, Baumarkt. |
| 5. Abmahnung im Zeugnis | Nein. |
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6. Alkohol im Zeugnis |
Nein. Nur wenn häufiger und Abmahnung. Evtl. Ausnahme Alkoholismus (Krankheit). |
| 7. Unpünktlicher Arbeitsbeginn im Zeugnis | Nein. Nur wenn häufiger und Abmahnung. |
| 8. Mutterschutz im Zeugnis | Nein. |
| 9. Elternzeit im Zeugnis | Nein. Faustregel: Nur wenn länger als Hälfte der Beschäftigungsdauer, mehr dazu hier: Elternzeit im Zeugnis |
| 10. Sabbatical im Zeugnis | Nein. Faustregel: Nur wenn die berufliche Auszeit länger dauerte als aktive Zeit der Beschäftigungsdauer. |
| 11. Teilzeit im Zeugnis | Ja. Aber es gibt Grenzfälle und Ausnahmen, mehr dazu hier: Teilzeit im Zeugnis |
Wenden Sie sich bei Bedarf an einen Experten für Arbeitsrecht (Anwalt), um Ihr Anliegen zu klären.

Denkbar ist, dass ein Sicherheitsmitarbeiter vor fünf Jahren auf seinem Rundgang unabsichtlich zwei Sichtkontrollen nicht ausgeführt hat. Sind weitere Verletzungen von Arbeitspflichten seitdem nicht mehr vorgekommen, ist dieser einmalige Vorgang keinesfalls ins Zeugnis aufzunehmen. Denn die "Pflicht zur Wahrheit" wird begrenzt von der Wohlwollenspflicht.
Typische einmalige Vorfälle
private Telefonate während der Arbeitszeit
privates Surfen im Internet
unpünktlich aus Pausen zurück oder zu Arbeitsbeginn
vorzeitiges Arbeitsende, zu früh gegangen
unsachliche Kritik an Entscheidungen des Arbeitgebers
Verstoß gegen Verschwiegenheitspflicht
Verschweigen wichtiger Informationen
Verstoß gegen Compliance-Regeln
Verstoß gegen das Rauchverbot
Achtung: Diese Aufzählung ist keine Rechtsberatung, das dürfen nur Rechtsexperten. Und diese Aufzählung kann auch nicht vorhersagen, wie Arbeitsgerichte im Einzelfall entscheiden werden.
Dennoch gilt der oben aufgeführte Grundsatz, dass einmalige Verstöße, die womöglich auch noch mehrere Jahre zurückliegen, trotz Wahrheitspflicht nicht ins Arbeitszeugnis gehören.

In der Praxis hat sich noch eine weitere Schutzfunktion für Arbeitnehmer etabliert.
Da Sie jetzt ja bereits wissen, dass kürzliche Verletzungen von Arbeitspflichten, die womöglich auch noch mehrmals stattgefunden haben, unter Umständen Eingang ins Arbeitszeugnis finden könnten, sollten Sie weiter überlegen, ob es dazu eine Abmahnung gegeben hat. Ohne Abmahnung gibt es kaum einen schriftlichen Beleg für ein - wiederholtes - Fehlverhalten.
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Praxistipp: Nur mit Abmahnung ins Zeugnis Pflichtverletzungen dürfen üblicherweise nur dann erwähnt werden, wenn es dazu auch eine schriftliche Abmahnung (hier: 50 Beispiele) gab. Die Abmahnung selber darf aber auf keinen Fall im Zeugnis stehen. |
Diese Artikel aus unserer über 30-jährigen Beratungspraxis helfen Ihnen.
Arbeitszeugnis: 200 Formulierungen
Arbeitszeugnis: Tätigkeitsbeschreibung
Arbeitszeugnis: Gesamtnote
Arbeitszeugnis: Kündigungsgrund
Arbeitszeugnis: Aufbau
Arbeitszeugnis: 800 Muster und Vorlagen
Wenn Sie in Ihrem Arbeitszeugnis Abwertungen entdeckt haben, die für Sie gar nicht charakteristisch sind, sollten Sie darauf hinarbeiten, diese entfernen zu lassen.
Überprüfen Sie grundsätzlich immer auch die Aufgabenbeschreibung, die Gesamtnote und den Schlussabsatz.
Wird deutlich, welche Tätigkeiten Sie im Lauf der Jahre zuverlässig bearbeitet haben? Sind Ihre persönlichen Stärken auch im Zeugnis erkennbar? Und ist der Schlussabsatz idealerweise mit dem Dank für die gute geleistete Arbeit und dem Wunsch nach "weiterhin Erfolg" verbunden?