Was ist Wahrheitspflicht im Arbeitszeugnis? 10 Beispiele

Von Püttjer - Schnierda

Laut Rechtsprechung gilt "Das Arbeitszeugnis muss inhaltlich in erster Linie wahr sein."

  • Müssen also Krankheit, längere Fehlzeiten, Mutterschutz, Elternzeit oder Sabbatical erwähnt werden?

  • Was ist mit Alkohol während der Arbeitzeit? Kiffen, Meth oder Kokain?

  • Sind Abmahnungen im Zeugnis anzugeben?

  • Was ist mit einer Schwerbehinderung, körperlichen Einschränkungen oder chronischen Krankheiten?

  • Gilt die Wahrheitspflicht auch für länger zurückliegende Pflichtverletzungen während der Arbeitszeit?

  • Und was ist mit Straftaten, konkreten Verdächtigungen oder dem Verlust des Führerscheins?

Müssen alle hier genannten Wahrheiten  letztlich auch im Arbeitszeugnis erwähnt werden, wenn sie vorliegen?

 

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Wahrheitspflicht im Zeugnis: ALLES nennen?

Definition: In der Zeugnispraxis gilt die Wahrheitspflicht nur eingeschränkt. Nicht alles, was wahr ist, darf oder muss auch im Arbeitszeugnis genannt werden.

Üblicherweise werden "einmalige Vorfälle" und "länger als drei Jahre zurückliegende Pflichtverletzungen" nicht genannt. Es gibt viele Einschränkungen, Ausnahmen und Vorbehalte, an die Arbeitgeber bei der Zeugnisausstellung gebunden sind.

 




Pflichtverletzungen im Zeugnis? Diese nicht!

Denkbar ist, dass ein Sicherheitsmitarbeiter vor fünf Jahren auf seinem Rundgang unabsichtlich zwei Sichtkontrollen nicht ausgeführt hat. Sind weitere Verletzungen von Arbeitspflichten seitdem nicht mehr vorgekommen, ist dieser einmalige Vorgang keinesfalls ins Zeugnis aufzunehmen. Denn die "Pflicht zur Wahrheit" wird begrenzt von der Wohlwollenspflicht.

Gleiches dürfte gelten für

  • private Telefonate während der Arbeitszeit,

  • privates Surfen im Internet,

  • Unpünktlichkeit,

  • unsachliche Kritik an Entscheidungen des Arbeitgebers,

  • Verstoß gegen Verschwiegenheitspflicht,

  • Verschweigen wichtiger Informationen,

  • Verstoß gegen Compliance-Regeln oder

  • Verstoß gegen das Rauchverbot.

Achtung: Diese Aufzählung ist keine Rechtsberatung, das dürfen nur Rechtsexperten. Und diese Aufzählung kann auch nicht vorhersagen, wie Arbeitsgerichte im Einzelfall entscheiden werden.

Dennoch gilt der oben aufgeführte Grundsatz, dass einmalige Verstöße, die womöglich auch noch mehrere Jahre zurückliegen, trotz Wahrheitspflicht nicht ins Arbeitszeugnis gehören.

 




Wichtig: Ins Zeugnis nur bei Abmahnung

In der Praxis hat sich noch eine weitere Schutzfunktion für Arbeitnehmer etabliert.

Da Sie jetzt ja bereits wissen, dass kürzliche Verletzungen von Arbeitspflichten, die womöglich auch noch mehrmals stattgefunden haben, unter Umständen Eingang ins Arbeitszeugnis finden könnten, sollten Sie weiter überlegen, ob es dazu eine Abmahnung gegeben hat.

 

Praxistipp: Nur mit Abmahnung ins Zeugnis

Pflichtverletzungen dürfen üblicherweise nur dann erwähnt werden, wenn es dazu auch eine schriftliche Abmahnung (hier: 50 Beispiele) gab.

Die Abmahnung selber darf aber auf keinen Fall im Zeugnis stehen.

 




Beispiele: 10 x Wahrheitspflicht im Zeugnis

 

1. Krankheit Grundsätzlich nein. Evtl. Ausnahme krankhafter Alkoholismus, mehr dazu hier: Krankheitszeiten im Zeugnis
2. Straftaten Ja. Aber nur wenn nachgewiesen.
3. Verdächtigung Nein. Verdachtsmomente auch bei laufendem Verfahren nicht erlaubt im Zeugnis.
4. Ehrlichkeit Ja. Beim Umgang mit Geld, beispielsweise Kassierer Bank, Supermarkt, Baumarkt.
5. Abmahnung Nein.

6. Alkohol

Nein. Nur wenn häufiger und Abmahnung. Evtl. Ausnahme Alkoholismus (Krankheit).
7. Unpünktlicher Arbeitsantritt Nein. Nur wenn häufiger und Abmahnung.
8. Mutterschutz Nein.
9. Elternzeit Nein. Faustregel: Nur wenn länger als Hälfte der Beschäftigungsdauer, mehr dazu hier: Elternzeit im Zeugnis
10. Sabbatical Nein. Faustregel: Nur wenn die berufliche Auszeit länger dauerte als aktive Zeit der Beschäftigungsdauer.
11. Teilzeit Ja. Aber es gibt Grenzfälle und Ausnahmen, mehr dazu hier: Teilzeit im Zeugnis

 

Auch an dieser Stelle noch einmal der Hinweis, dass Sie sich im Einzelfall an einen Experten für Arbeitsrecht (Anwalt) wenden sollten, um Ihr Anliegen genau zu klären.

Aber Sie ahnen auch jetzt schon, dass es keinesfalls eine "allgemeine Wahrheitspflicht ohne Einschränkung" für Zeugnisse gibt.

 

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IMMER prüfen: Aufgaben und Schlussabsatz

Wenn Sie in Ihrem Arbeitszeugnis Abwertungen entdeckt haben, die für Sie gar nicht charakteristisch sind, sollten Sie darauf hinarbeiten, diese entfernen zu lassen.

Überprüfen Sie grundsätzlich immer auch die Aufgabenbeschreibung, die Gesamtnote und den Schlussabsatz.

Wird deutlich, welche Tätigkeiten Sie im Lauf der Jahre zuverlässig bearbeitet haben? Sind Ihre persönlichen Stärken auch im Zeugnis erkennbar? Und ist der Schlussabsatz idealerweise mit dem Dank für die gute geleistete Arbeit und dem Wunsch nach "weiterhin Erfolg" verbunden?

 

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